20. August 2021 , Dr. Christine Leithäuser
Am 14. Juni 2021 stellten die Fraktionen der LINKEN und der Freien Wähler im Rat der Stadt Wuppertal eine "Kleine Anfrage" an die Verwaltung. Es ging dabei um zwei illegale Deponien mit unsortierten Bauabfällen auf Wuppertaler Stadtgebiet. An der Wilkhausstraße 133 und im Gewerbegebiet Simonshöfchen. Auslöser war der Artikel Dreckige Netzwerke in der Neuen Wuppertaler Zeitung. Am 10. Juli traf die Antwort aus dem Büro des Oberbürgermeisters ein. Die folgende Gegenüberstellung der Fragen, Antworten und Tatsachen legt die Vermutung nahe, dass der OB an der Aufklärung des Sachverhalts nicht interessiert ist. Denn die Antwort auf die "Kleine Anfrage", verfasst von Florian Kötter, enthält gravierende logische Fehler und enthüllt eine prinzipielle Missachtung einschlägiger gesetzlicher Regelungen. Im Einzelnen:
Abgekippt am 3. Mai 2012, Simonshöfchen. Der Asphalt hätte, ebenso wie alle anderen unsortierten Abfälle, auf seinen Schadstoffgehalt untersucht und entsprechend entweder deponiert, aufbereitet oder wiederverwertet werden müssen. Aber die Stadt schreibt: "Weitere Untersuchungen des Standortes [haben] keine vordringliche Priorität".
Die Situation am 7. Mai 2012, Simonshöfchen. Die Halde wächst auf mehrere Meter Höhe. Die gesetzlichen Anforderungen für die Verwertung von mineralischen Abfällen werden ingnoriert. Die Stadt will keinen Rückbau planen, "da bislang noch nicht feststeht, ob überhaupt Halden vorliegen".
12. Juli 2014, Simonshöfchen. Teile der Deponie rutschen ab. Aufschüttungen über zwei Meter Höhe sind prinzipiell genehmigungspflichtig, hier liegt keine vor. Genehmigungsfähig war lediglich die Lagerung von 100 t Bodenaushub. Zudem werden weitere Vorgaben des Bodenschutzes vernachlässigt.
29. Oktober 2012, Simonshöfchen. Eines von vielen Bildern zum Verursacher der illegalen Anschüttungen. "Von den städtischen Behörden festgestellte Vergehen werden laufend an die Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht." Ohne Wirkung. Bis einschließlich Juli 2016 wurde dort ungehindert weiter abgekippt.
Bild vom 14. Juni 2013, Simonshöfchen. "Ein Fehlverhalten des Abteilungsleiters ist [...] nicht erkennbar. Das Verhalten [...] war nicht fahrlässig und schon gar nicht vorsätzlich und ergibt somit keinerlei Grund zur Beanstandung." Der Abteilungsleiter, Hubert Nobis, hat nur eine einzige, oberflächliche Bodenuntersuchung im Dezember 2014 durchführen lassen.
23. Februar 2019, Wilkhausstraße. Der Außenbereich der neuen städtischen Kita wird fertig gestellt. Ein Teil der Anschüttungen auf dem ehemaligen Schulgrundstück ist bereits vorhanden. "Die [...] unteren Umweltbehörden kommen [...] selbstverständlich den [...] Überwachungspflichten nach", behauptet Florian Kötter im Auftrag des OB.
Wilkhausstraße 133, Bild vom 2. Mai 2021. "Der Boden [ist] als Z2 Material klassifiziert, weist jedoch keine gefährlichen Stoffe auf." Auch diese Aussage ist falsch, das Bild zeigt eindeutig Asphaltbrocken. Zudem muss Z2 Material in genehmigten Deponien fachgerecht gelagert werden, d.h. zwischen weitgehend wasserundurchlässigen Schichten.
Wilkhausstraße 133, Bild vom 2. Mai 2021. Die Halde bedeckt die Quelle des "Gelben Sprungs". Für neue Schulbauten ist das Grundstück unbrauchbar. "Da nach heutigem Kenntnisstand beim GMW keine Ungereimtheiten vorliegen, sind auch keine personellen Konsequenzen geplant." Stattdessen wird ein belastetes Grundstück für den Bau der siebten Gesamtschule für mehr als 5 Mio Euro von der Stadt erworben.
So sah die Grundschule bis kurz vor dem Abriss aus. Wurden die Schadstoffe separat entfernt und entsorgt? "Im Fachverfahren sind keine Vermerke hinterlegt, demnach wurden auch keine Ortsbesichtigungen durchgeführt." Die Entsorgungsnachweise fehlen jedenfalls in der Bauakte, obwohl sie obligatorisch sind.
"Da zum Zeitpunkt des Abbruchantrages aber noch nicht die Ausschreibung der Abbrucharbeiten erfolgt war, hat der Verantwortliche eine Abbruchfirma als Platzhalter eingetragen und nach Vergabe der Arbeiten die ausführende Firma gegenüber der Bauordnung nachgemeldet." Aber auch die Nachmeldung fehlt in der Bauakte.
Wilkhausstraße 133 heute. Das Hausmeistergebäude wurde nie - wie geplant - abgerissen. Wurde dennoch dafür gezahlt? Gab es Subunternehmer? "Die Zahlungen wurden auf das auf dem Kopfbogen der Firma VCC Verwertungs-Centrum Castrop GmbH angegebene Bankkonto überwiesen." Schwer nachzuvollziehen. Die Firma VCC befindet sich seit dem 12.02.2020 in Liquidation.
Vohwinkeler Straße 145f. Das Firmengrundstück der GSR Abbruch und Tiefbau GmbH. Amtsgericht Wuppertal, HRB, 31686. Inhaber: Günter Simon. Hier entsteht gerade die nächste Halde. Das ist nicht verwunderlich, da kommunale Amtsträger nicht genug gegen Umweltsünder unternehmen. "Die große Transformation" findet im Abbruchsektor jedenfalls nicht statt.