Die Zerstörung dieses Gebäudes ist nicht gerechtfertigt

23. September 2021 , Dr. Christine Leithäuser


Am 21. September besichtigen Interessierte die bis auf den Rohbau zurückgesetzte ehemalige Pädagogische Hochschule auf der Hardt. Der endgültige Abriss steht kurz bevor. Sie finden eine neuwertige Bausubstanz vor. Dieses Ensemble abzureißen, ist nicht zu rechtfertigen. Weder drückt Wasser in den Keller, noch ist das Dach beschädigt. Die Fernwärmeleitung soll für die zu errichtenden Modulbauten genutzt werden. Damit entfallen die Hauptgründe, die seinerzeit für den Abriss sprachen. Aktuelle Fotos widersprechen der Darstellung in der Beschlussvorlage VO/0474/20 , aufgrund derer der Abriss im Rat befürwortet wurde. Dazu kommt eine absolut zeitgemäße Architektur. Das Schulgebäude ist lichtdurchflutet und weitläufig. Das Raumangebot auf 13 000 m² Bruttogeschoßfläche allein im Hauptgebäude ist absolut geeignet für differenzierende Unterrichtsformen. Ebenso zeigen die Nebengebäude materielle Qualitäten, die man heute im Neubau kaum bekommt. Durch den Abrissbeschluss und dessen Umsetzung ist schon jetzt ein Vermögensschaden für die Bürger der Stadt Wuppertal entstanden. Im Einzelnen:


Die Dachkonstruktion

Die Stahlkonstruktion der Dächer weist keine Schäden auf. Ebensowenig die Schalung.

Das Treppenhaus

Das zentrale Treppenhaus aus Beton und Terrazzo. Die Fenster zur Parkseite sorgen für natürliches Licht.

Die Fenster

Auf der Nordseite wurden 2003 neue Fenster eingebaut. Jetzt sind sie Teil der Abbruchmasse.

Die Innenwände

Massive Wände aus Ziegeln und Beton speichern Wärme und dämmen den Schall.

Die Decken

Die Betondecken sind für hohe Flächenlasten ausgelegt.

Das Hauptgebäude

13 000 m² Bruttogeschossfläche allein im Hauptgebäude. Überall große Fensterflächen.

Das Untergeschoss

Der Keller ist trocken. Vom Wasserschaden aus dem Jahr 2018 ist nichts mehr zu sehen.

Die Aula

Die Aula ist großzügig und funktional. Sie soll nicht abgerissen werden.

Der Heizungskeller

Hier mündete die Fernwärmeleitung ins Gebäude. Auch die Module werden mit Fernwärme beheizt.

Die Nebengebäude

Die Nebengebäude zeigen dieselbe Qualität in der Substanz wie das Hauptgebäude.

Das Wohnheim

Das ehemalige Wohnheim könnte für Studenten umgebaut werden.

Die Gartenanlage

Der Garten ist zugleich Schulhof mit altem Baumbestand und Natursteinmauern.

Der Hörsaal

Der Hörsaal neben dem Hauptgebäude zeigt geradezu klassische Proportionen.

Die Turnhalle

Die Turnhalle soll bleiben. Warum nur diese und nicht das gesamte Ensemble?

Die Schieferdeckung

Das Schieferdach weist allenfalls kleine Schadstellen auf.

Die Entwässerung

Die Regenrinnen sind seit Jahren nicht gesäubert. So kann die Entwässerung nicht funktionieren.

Fazit und Ausblick

Professionelle Immobilienentwickler sagen: "Dieses Gebäude ist zweifellos sehr geeignet, um es zu erhalten und weiter zu entwickeln. Eine solche Substanz reißt man nicht ab."

Aber das GMW sagt, der Erhalt des Gebäudes lohne sich nicht. Am 22.09.2021 schreibt Herr Lehn auf Anfrage: "Sowohl aus technischen, finanziellen als auch aus zeitlichen Gründen und insbesondere im Zusammenhang mit den bestehenden Bedarfen im städtischen Schulbau halte ich die Entscheidung des Rates zum Abriss und der Errichtung eines Neubaus in Modulbauweise nach wie vor für richtig." Am 27.09.2021 wiederholt er, dass das BLB das Dach als nicht begehbar bezeichnet habe und Arbeiter von einer brüchigen Schiefereindeckung berichteten.

Steht man allerdings vor der ehemaligen Schule, sieht man, dass das Schieferdach bis auf wenige Schadstellen intakt ist. Die Dachkonstruktion selber besteht aus Stahl. Der Zustand der Schalung von innen zeigt zudem, dass das Dach dicht ist, sonst wären Verunreinigungen zu erkennen.

Problematisch ist vielmehr der Pflegezustand des Daches. In den Dachrinnen wachsen Baumschößlinge, sie wurden offenkundig seit Jahren nicht gereinigt. Zugesetzte Entwässerungsleitungen sind regelmäßig die Ursache für Wasserschäden in Gebäuden. Also könnte der Wasserschaden von 2018 auch darauf zurück zu führen sein. Denn: Drückte Grundwasser in den Keller, wären die Wände nass, was bei der Begehung nicht zu erkennen war.

Herr Lehn bestätigt, dass für die geplanten Modulbauten Fernwärme genutzt werden soll, und zwar mithilfe einer neuen Heißwasserleitung. Hier ergibt sich also keine Einsparung durch die geplante Modullösung gegenüber einer Sanierung im Bestand. Alle weiteren in der Ratsvorlage genannten baulichen Mängel sind für ein Gebäude diesen Alters typisch und rechtfertigen den Totalabriss keineswegs.

Zu den zeitlichen Gründen: Ursprünglich hieß es vom GMW, eine Sanierung des Gebäudes würde zwei bis drei Jahre dauern. Seit 2020 wird darüber diskutiert, dass man das nicht will. Das sind 15 verlorene Monate.

Und die Kosten? Sie sind noch gar nicht bekannt. Denn zum jetzigen Zeitpunkt hat noch nicht einmal die Ausschreibung für die Modulbauten stattgefunden. Alle Angaben aus der Ratsvorlage sind wegen der Baukostensteigerung und des Rohstoffmangels am Markt als Schätzung zu bewerten.

Auf der Hardt steht (noch) ein hochwertiger Rohbau. Dieses Vermögen des Bürgers wird in Kürze zerstört sein. Nach meiner Rechtsauffassung ist das treuwidrig. Gleichzeitig feiert man in der Stadtverwaltung die Idee des "circular valley", der Kreislaufwirtschaft. In der Praxis funktioniert diese nicht.