18. Oktober 2020, Dr. Christine Leithäuser
Der Rat der Stadt hat im Juni auf eine sehr lückenhafte und fachlich zweifelhafte Vorlage hin beschlossen, dass die ehemalige Pädagogische Akademie gekauft und abgerissen werden soll. Aber ist das Gebäude tatsächlich schrottreif?
Sanfter Regen tropft auf die Schirme. Eine Gruppe von etwa zwanzig älteren Damen und Herren trotzt den Umständen. Sie empören sich über den geplanten Abriss der ehemaligen Pädagogischen Akademie auf der Hardt. Es sieht fast so aus, als wäre ihr Anliegen hoffnungslos. Das Gebäude im Hintergrund ist eingezäunt, vernagelt und die Parkanlage ungepflegt. Eintritt verboten. Aber sie sind nicht allein.
Seit dem Sommer erscheinen Leserbriefe, Artikel und Stellungnahmen im Wochentakt in der lokalen Presse. Unverständnis, Trauer, Wut, auch deutliche Kritik am Vorgehen der städtischen Behörden nehmen immer mehr Platz ein. Mitglieder des Vereins Historische Parkanlagen und des Bergischen Geschichtsvereins, ehemalige Professoren und Lehrer betonen die ideelle Bedeutung des Gebäudes. Hier war ein Zentrum der Lehrerbildung der jungen Bundesrepublik. Die Keimzelle der Bergischen Universität. Das Gebäude steht ihrer Ansicht nach für eine demokratische, am Guten orientierte Gesellschaft. Also sollte es – auch unabhängig von einem Eintrag in die Denkmalliste – an diese Zeit erinnern und weiter genutzt werden. Die Wuppertalbewegung sprach sich jüngst ebenfalls für den Erhalt aus. Aus weit pragmatischeren Gründen. Es mache keinen Sinn, etwas zu zerstören, das man noch nutzen kann. Der Schutz der natürlichen Ressourcen, das Vermeiden von Müll und der sparsame Umgang mit Primärenengie sind ihre Argumente.
Mitte Oktober 2020 versucht das Gebäudemanagement (GMW) Fakten zu schaffen. Es bereitet das Gebäude für den Abriss vor. Grundlage dafür ist ein gültiger Ratsbeschluss. Das Vorgehen ist also berechtigt. Aber gerade dieser Ratsbeschluss steht in der Kritik. Anders als noch im Sommer äußert sich die Fraktion der Linken. Sie haben Bedenken und sie fordern den Stopp der Arbeiten, da sie die Verwaltungsvorlage zum Ratsbeschluss für unvollständig halten und zusätzliche Akteneinsicht beantragt haben, um beurteilen zu können, ob dieses Gebäude wirtschaftlich nicht mehr zu halten ist.
Der alte und der kommende Oberbürgermeister berufen sich auf Aussagen des GMW, dass die Sanierung des alten Gebäudes nicht wirtschaftlich sei, ohne dies genau beziffern zu können. Der Platz werde gebraucht, um an Stelle des Gebäudes temporäre Bauten, vulgo Container, aufzustellen. Getroffen wurde dieser Beschluss am 22. Juni 2020 im Rat der Stadt Wuppertal:
„Übernahme des Komplexes Dietrich-Bonhoeffer-Weg 1 und Errichtung eines Ausweichquartiers für Schulen:
Das Gebäudeensemble wurde 1958 für die Pädagogischen Akademie Wuppertal errichtet, 1977 von der Justizvollzugsschule Nordrhein-Westfalen übernommen und im Dezember 2014 verlassen. Die Stadt Wuppertal pachtete es 2015 vom Land, um dort bis 2019 das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium unterzubringen, während dessen eigentlicher Standort in Elberfeld generalsaniert wurde. Die Stadt Wuppertal fordert nun die Grundstücke vom Land NRW zurück, da sie 1955 nur unter der Auflage, dort eine Pädagogische Akademie zu betreiben, überlassen worden waren. Die Gebäude, die das Land dort errichtet hat, muss die Stadt allerdings zum Zeitwert kaufen.
Architektonisch ist das Ensemble ein beeindruckendes Zeugnis der 50er Jahre. Die ca. 13 000 m² Bruttogeschossfläche des ehemaligen Seminargebäudes sind funktional in zwei Trakte gegliedert mit einem lichten Treppenhaus in der Mitte. Die Schule liegt auf der Barmer Seite der Hardt inmitten von Parkanlagen und Wald. Weitere Nebengebäude dienten ursprünglich der Unterbringung der Schüler sowie als Sportstätten und Mensa. Jetzt soll das Gebäude aber nicht mehr tauglich sein, um als Schule genutzt zu werden. Das GMW hat eine Mängelliste erstellt, die als Argument für den Abriss herangezogen wird. Daher soll nur das Grundstück etwa sechs Jahre lang als Ausweichquartier für zwei Schulen dienen, die dringend saniert werden müssen.
Betrachtet man die bisherigen Behauptungen, Vermutungen und Polemiken einmal aus rein technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht, ergeben sich andere Aussagen zur Baufälligkeit bzw. Abrissreife der ehemaligen Pädagogischen Akademie.
Bei den genannten Mängeln geht es vor allem um eine vermutete Asbestbelastung in den Putzflächen, die bislang nicht durch systematische Untersuchungen belegt ist. Dabei wäre ein solches Gutachten leicht zu erstellen. Der TÜV Nord z.B. bietet diesen Service an, einige Stunden nach der Probenentnahme ist bekannt, ob ein Wandabschnitt oder ein ganzer Raum als belastet oder unbelastet eingestuft werden müssen.
„Das Gebäude ist bedingt durch das Baujahr 1968 und die später stattgefundene Instandhaltung als potentiell asbestbelastet zu bewerten. Bei Beprobungen (im Rahmen der erforderlichen Arbeiten der Beseitigung der Unwetterschäden 2018) konnten Bereiche mit und ohne Asbestbefund in Putzflächen nachgewiesen werden. Jegliche Umbau- und Instandhaltungsarbeiten wären unter diesem Eindruck zu planen und umzusetzen, was die Arbeiten erheblich verlangsamt und die Kosten erheblich erhöht.“ Die Herrichtung des Seminargebäudes soll laut Beschlussvorlage VO/0474/20 zwischen 2,3 und 15 Mio Euro kosten. Genauere Angaben werden nicht gemacht.
Das Gebäude stammt tatsächlich aus dem Jahr 1958. Schon hier zeigt sich, abgesehen von der diffusen Kostenschätzung, Schlampigkeit im Umgang mit Fakten durch das GMW, namentlich durch Herrn Lehn und Herrn Dr. Flunkert, die als Verantwortliche für die Ratsvorlage zeichnen und durch den Stadtdirektor Dr. Slawig, der das Dokument ebenfalls „genehmigte“.
- Zur „potentiellen“ Asbestbelastung: Richtig ist, dass in einem Viertel aller Gebäude in der Bundesrepublik Deutschland, die zwischen den Jahren 1960 und 1995 gebaut und renoviert wurden, asbesthaltige Putze, Kleber und Spachtelmassen benutzt wurden. Der Sachverhalt ist seit langem bekannt und wurde z.B. vom Verband deutscher Ingenieure (VDI) in entsprechenden technischen Hinweisen im Jahr 2015 umfassend dargelegt. Es folgten 2019 Handlungsempfehlungen des Arbeitskreises der Gebäude- und Immobilienwirtschaft des Städtetages NRW. Die Stadt Herne hat im März 2020 eine Richtlinie zum Umgang mit diesen Spachteln für Handwerker, die Sanierungsarbeiten ausführen, herausgegeben. Allen diesen technischen Hinweisen ist eines gemeinsam: Sie empfehlen nicht den Abriss des Gebäudes, sondern beschreiben geeignete Sicherheitsvorkehrungen für Sanierungsarbeiten. Solange am Putz keine Arbeiten ausgeführt werden, besteht auch keine Gesundheitsgefährdung, da die asbesthaltigen Stoffe fest eingebunden sind. Das GMW zusammen mit dem Kämmerer Dr. Slawig ignoriert den Stand der technischen Auseinandersetzung mit der Problematik. Sie behaupten, dass der Schadstoff komplett entfernt werden müsse. Und sie schließen daraus, dass es wirtschaftlicher wäre, das Gebäude abzureißen. Insofern ist die Ratsvorlage nicht nur sachlich falsch, sondern sie verstößt gegen den allgemeinen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit des kommunalen Handelns.
Auch die weitere Auflistung der Baumängel in der Ratsvorlage begründet letzlich nicht den geplanten Abriss:
- Zwei Kaltwasserstränge sowie die Abwasserleitungen müssen ausgetauscht werden. Ebenfalls ist die Regenentwässerung zu erneuern. Hier handelt es sich um normale Instandsetzungsarbeiten, die ein Gebäude diesen Alters fordert. Man braucht dazu Rohre, Regenrinnen, einen Bagger, ein Gerüst und Arbeitsstunden.
- Die Fernwärmeleitung ist angeblich defekt, ebenso wie die Heizungsanlage. Auch hier wieder eine Standardreparatur, die allerdings die Möglichkeit bietet, das Gebäude energetisch auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. Laut der neuen Gesetzeslage, ab dem 1. November diesen Jahres tritt das Gebäude-Energie-Gesetz 2020 in Kraft, hat die Kommune nach §4 übrigens Vorbildfunktion. „Wenn die öffentliche Hand ein Nichtwohngebäude […] errichtet oder einer grundlegenden Renovierung […] unterzieht, muss sie prüfen, ob und in welchem Umfang Erträge durch die Errichtung einer im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Gebäude stehenden Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie oder durch solarthermische Anlagen zur Wärme- und Kälteerzeugung erzielt und genutzt werden können.“ Das Seminargebäude auf der Hardt trägt auf seinem Dach eine Photovoltaikanlage. Der Anschluss an das Fernwärmenetz ist vorhanden. Ohne weiteres kann das Gebäude also zum Niedrigenergiehaus-Standard ausgebaut werden. Die WSW werben sogar um neue Fernwärmekunden: „Die WSW fördern die Neuinstallation von Talwärme-Heizungen mit insgesamt einer Million Euro. Je nach Anlagengröße liegen die Zuschüsse des „Förderprogramms Talwärme 2020" pro Anlage zwischen 1.250 und 9.000 Euro. [...] Der Ausbau der [...] Fernwärmeversorgung [...] ist das größte Klimaschutzprojekt in Wuppertal und wichtiger Bestandteil des „Green City Plans" der Stadt Wuppertal. Durch WSW Talwärme werden bereits jetzt jährlich 450.000 Tonnen CO2-Ausstoß in Wuppertal vermieden." Damit wäre der Erhalt des Gebäudeensembles auf der Hardt ein Beitrag zum Klimaschutz.
- Weitere nötige Reparaturen betreffen die Verkabelung: FI-Schutzschalter fehlen. Solche können direkt in den Schaltkästen ergänzt werden, hier handelt es sich um eine Arbeit von wenigen Tagen. Die „Cat-3-Verkabelung“ wird als technisch veraltet angesehen. Zuerst muss aber die Frage beantwortet werden, ob überhaupt alle Klassenzimmer mit Breitband-Internetanschluss via Glasfaser ausgestattet werden müssen. Ein Unterricht, in dem alle Schüler auf Kommando im Internet surfen, ist ziemlich blödsinnig. Es muss zunächst der Bedarf an digitaler Infrastruktur formuliert sein, bevor Kilometer teurer Glasfaser verbaut werden. Die Einrichtung von hotspots wie z.B. in Bahnhöfen wäre eine drahtlose und pragmatische Alternative.
- Dann nennt das GMW die abgängige Lüftungstechnik. Aber jedes Klassenzimmer und jedes Büro haben ein durchgängiges Fensterband entlang einer Längsseite des Raumes. Angesichts der vorteilhaften Situation mit Photovoltaik und Fernwärme kann problemlos direkt gelüftet werden, ohne den Niedrigenergie-Standard zu verlieren.
- Zusätzlich müssen die Fenster ausgetauscht und eine Dämmungsmatte auf der oberen Geschossdecke ausgebreitet werden. Teile der Dacheindeckung sind zu erneuern. Auch das sind Reparaturen, die alle 30 Jahre anfallen, wegen derer aber niemand sein Haus abreißen würde.
- Etwa jede vierte Brandschutztür soll erneuert werden und die Brandmeldeanlage ebenso. Dies betrifft wieder nicht die Gebäudesubstanz, sondern die Innenausstattung. Dann der feuchte Keller: Hier muss man tatsächlich den Innenputz abschlagen, damit die Wände abtrocknen können. Mit einer intakten Regenentwässerung tritt das Problem nicht wieder auf.
Nach eingehender Betrachtung bleibt von der Mängelliste nichts übrig, was einen Abriss technisch auch nur ansatzweise rechtfertigen würde.
Das GMW argumentiert, dass die Vielzahl der Schäden eine unangemessen hohe Investitionssumme erfordere. Addiert man die maximal geschätzten Kosten aus der Beschlussvorlage, die sich ausschließlich durch die vorläufige Instandsetzung und eine anschließende Komplettsanierung ergäben, sind das 42 Mio Euro bei 13200 m² Bruttogeschossfläche. Eine Investition pro m² von 3181 Euro. Zum Vergleich: Die sanierte Bürofläche in der denkmalgeschützten Bandweberei in Oberbarmen kostet im Verkauf, also inklusive einer Handelsspanne, aktuell 2424 pro m². Einfache Gewerbeimmobilien für die Büronutzung bekommt man bezugsfertig in der Region derzeit für 1000 Euro pro m². Auf den ersten Blick ist das Objekt auf der Hardt also nicht rentabel zu renovieren. Aber warum soll die Instandsetzung überhaupt so viel kosten?
Die baulichen Probleme der Schule auf der Hardt gleichen denen, die das nun sanierte Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium (WDG) in Elberfeld hatte. Laut Pressemitteilung der Stadt Wuppertal war die Sanierung des WDG erforderlich, weil „die Gebäudehülle in einem schlechten Zustand war, die Elektroverkabelung nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entsprach und bei Beprobungen in großen Bereichen asbesthaltige Spachtelmassen gefunden worden waren. Die Schule musste daher bis auf den Rohbau zurückgebaut werden; auch die allein stehende Turnhalle wurde komplett saniert.“
Aber man wollte noch mehr, über die reinen Reparaturen hinaus sollte „die durch ihre Lage im Stadtbild bisher nur sehr eingeschränkt wahrnehmbare Schule besser sichtbar werden, um sich als attraktive Bildungseinrichtung des Stadtteils zu präsentieren. Der bisherige Nebeneingang von der Südstraße und Schwebebahnhaltestelle sollte aufgewertet und großzügiger gestaltet werden, und aus der Richtung des Döppersbergs führt demnächst eine neue Treppe auf den Schulhof. Dem pädagogischen Konzept entsprechend wurden besonders die bisherigen langen Flure des WDG, an denen sich die Klassenzimmer aneinanderreihten, aufgelöst: Ehemalige Verkehrsfläche wurde in wertvolle Nutzfläche umgewandelt. Für die Sekundarstufe I entstanden so jahrgangsbezogene Cluster mit Klassenräumen, Selbstlernzonen, Kommunikations-, Pausen- und Bewegungsflächen in transparenter Bauweise für wechselnde Unterrichtsarrangements und kooperative Lernformen. Für die Oberstufe wurden unterschiedlich große Seminarräume mit Gruppenräumen für Projektarbeit und flexibler Möblierung geschaffen. Früher im Gebäude verteilte Physik-, Chemie- und Biologieräume wurden in einem Naturwissenschaftscluster zusammengefasst. Dort, wo die drei Flügel der Schule zusammentreffen, entstand das neue Herzstück, die „gemeinsame Mitte“, mit dem Haupteingang und einem großzügigen Bereich, der auch die Mensa beherbergt. Dafür wurde eine bisherige Lücke mit einem Neubauteil geschlossen.
Der Osthof bietet Bereiche für Zusammensitzen, Essen, Chillen, Arbeiten und Lernen. Auf dem Westhof wurden überwiegend Flächen für Aktivität geschaffen: Der untere Bereich mit einer Außenklasse und einer kleinen Veranstaltungsbühne ist für die schulische Nutzung vorgesehen, der obere Bereich (an der Turnhalle) ist mit seinen Sportangeboten auch für den Stadtteil geöffnet. Für die Anbindung an das Quartier wurde zudem im Untergeschoss ein Mehrzweckraum für vielfältige Aktivitäten geschaffen. Dafür wurde ein separater barrierefreier Zugangsbereich von der Südstraße aus hergerichtet; die Fassade in diesem Bereich wurde besonders gestaltet. Die Lüftung über zentrale Geräte mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung (Rotationswärmetauscher) versorgt alle Bereiche mit aufbereiteter Außenluft und verhindert sowohl einen Kohlendioxidanstieg in den Nutzungsbereichen als auch Wärmeverluste. Die Lüftungsgeräte befinden sich auf den Flachdächern des Ost- und Westflügels und werden zum Teil von den bestehenden Erhöhungen der Außenwände verdeckt. Geheizt wird weiterhin mit Fernwärme.“
Laut der Stadt Wuppertal kostete die Sanierung des WDG insgesamt 23 Millionen Euro für 9500 m² Bruttogeschossfläche. Das entspricht 2521 Euro pro m². Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Sanierung der Schule auf der Hardt demgegenüber 3181 Euro pro m² an Investitionen erfordern soll. Ganz ohne die aufwendige Umgestaltung der Klassenräume, ohne die Terrassierungs- und Pflasterarbeiten und ohne den Neubau, die beim WDG inklusive waren und angesichts der geradezu lächerlichen Reparaturarbeiten, die auf der Hardt nötig sind.
So teuer wie die Sanierung angeblich würde, so unglaublich günstig wird die Alternative dargelegt. Nämlich Abriss des Gebäudeensembles auf der Hardt und Errichtung temporärer Schulbauten als Interimslösung für zwei Schulen, deren Gebäude zur Gesamtsanierung anstehen.
Für den Abriss werden 4,6 Mio Euro veranschlagt. Dann heißt es in der Beschlussvorlage VO/0474/20 lapidar: „Die Kosten für notwendige temporäre Ersatzgebäude (ca. 2-3 Mio.€ pro Schulsanierung) müssen in den jeweiligen Baumaßnahmen abgebildet werden.“ Zusammen mit der Gebäudewerterstattung, die laut WZ 500000 Euro beträgt, wären also lediglich 5,1 Mio Euro zu investieren, um ein geeignetes Ausweichquartier bereit zu stellen. Das ist wirklich irreführend. Natürlich muss man die Kosten für die Ersatzgebäude einrechnen. Am 13. Oktober 2020 äußert sich dann auch Thomas Lehn vom GMW gegenüber der WZ. „Auf 11,1 Millionen Euro würde die Container-Variante kommen inklusive Abriss und Anmietung der Container (gut 5000 Quadratmeter).“
Nicht berücksichtigt ist in dieser Variante, dass die Stellfläche für die Container erst vorbereitet werden muss. Fundamente, Leitungen für Wasser, Abwasser, Strom und Kommunikation, Pflasterarbeiten für Gehwege und Aufenthaltsbereiche müssen erstellt werden. Das sind in jedem Fall verlorene Investitionen, da die Modulbauten ja wieder abgerissen werden sollen. Auch scheint die Fläche von 5000 m² recht klein bemessen. Die Gesamtschule Else Lasker-Schüler zählte im Januar 2020 1.429 Schülerinnen und Schüler sowie 136 Lehrkräfte, sie ist etwa doppelt so groß wie das Ganztagesgymnasium Johannes Rau. Für die einen blieben durchschnittlich 3 m² pro Person, die anderen hätten immerhin 6 m² pro Person, um den gesamten Tag in den Containern zu verbringen. Übrigens: In der Freilandhaltung haben Legehennen außer ihrem Platz im Stall tagsüber uneingeschränkt Zugang zu einem Auslauf von 4 m² pro Henne.
Der Rat der Stadt hat sich im vergangenen Juni nicht die Mühe gemacht, die Alternativen gegeneinander abzuwägen und die vorgestellten Zahlen auf Schlüssigkeit zu prüfen. Die betroffenen Schulleitungen haben in der Presse geäußert, dass sie nicht weiter auf die Sanierung ihrer Schulen warten wollen. Richtig ist aber auch, dass sie instrumentalisiert werden, sich für den Abriss auszusprechen, ohne dass es einen zwingenden Zusammenhang der beiden Handlungen gibt. Das Versäumnis liegt beim GMW, das schon längst bei der Else Lasker-Schüler Gesamtschule und dem Ganztagsgymnasium Johannes Rau mit den überfälligen Arbeiten hätte beginnen können.
Angesichts der Fakten handelt es sich bei dem Abrissvorhaben um ein absurdes Projekt, das der Stadt Wuppertal einen erheblichen finanziellen Schaden bescheren wird. Und man kann die Problematik der Schulsanierungen auch anders lösen. In Düsseldorf ist es üblich zu sanieren, ohne dass die Schulgemeinde umzieht. Auch beim Gymnasium am Kothen in Wuppertal war dies möglich. Diese Alternative nicht einmal zu prüfen, grenzt meiner Ansicht nach an Untreue.
Und dann muss auch etwas langfristiger gedacht werden. Der Neubau einer siebten Gesamtschule ist schon beschlossen. Bislang hat die Stadtverwaltung noch nicht einmal ein geeignetes Grundstück für diese gefunden. Es kann durchaus das Gebäude auf der Hardt für diesen Zweck dienen. Dann wären Sanierungskosten von 27 Millionen Euro schon fast wieder ein Schnäppchen. Der WDR meldet „Planung und Bau der siebten Gesamtschule in Wuppertal sollen 60 Millionen Euro kosten.“